Stiftung Chance für das kritisch kranke Kind

Vincent kämpft

Lange und bange Monate verbringt Vincent im Kispi. Ein Team aus engagierten Mediziner*innen und liebevoll Pflegenden, vor allem aber seine Eltern unterstützen den Kleinen bei seinem schweren Start.                     

Jubaira und Roman erfahren im vierten Schwangerschaftsmonat, dass die Leber ihres Babys ausserhalb dessen Bauchdecke liegt. Die so genannte Giant Omphalozele kommt äusserst selten vor. Nachdem die werdenden Eltern den ersten Schreck überwunden haben, bereiten sie sich vor, sehen nach vorn – unbeirrt, jetzt erst recht. Ihre Zuversicht wird sie in den schweren Monaten nach der Geburt ihres Sohnes kaum verlassen. Am 27. Mail 2021 kommt Vincent per Kaiserschnitt im Kinderspital zur Welt. Ein ganzes Team steht bereit, um den Kleinen in Empfang zu nehmen. Die ausserhalb des Körpers befindliche Leber wird aufgehängt, damit kein Gefäss abgeknickt werden kann und die lebenswichtige Blutzufuhr unterbrochen wird. Roman ist Filmer von Beruf. Üblicherweise eilt er von Projekt zu Projekt. Nach der Geburt seines Sohnes verändert sich sein Leben radikal. Nun verbringen er und Jubaira täglich je sechs Stunden am Bett seines Sohnes. Ihre neuen Rollen nehmen sie an, diskussions-, aber auch kompromisslos. Sie sind für ihren Sohn da. Was immer der nächste Tag bringen mag – einen Schritt vorwärts oder zwei zurück. Jubaira und Roman lesen Vincent beispielsweise stundenlang vor, am liebsten aus dem Buch «Sara und die Eule», ein dreibändiger Kinderbuchklassiker über positives Denken. Während der Monate im Kispi wächst aber auch ihr Verständnis und ihr Vertrauen in die Arbeit der Mitarbeitenden.

Plan A

Gleich nach der Geburt hat sich Prof. Ueli Möhrlen, Direktor des Zentrums für fetale Diagnostik und Chirurgie am Kispi, entschieden, aufs Ganze zu gehen. Das heisst, er will Vincents Leber so bald wie möglich schrittweise in den Bauch «schieben». Die Alternative wäre, die Leber bis zum fünften oder sechsten Lebensjahr ausserhalb des Bauches zu lassen und sie erst dann operativ in den Bauch einzusetzen, wenn das Kind gewachsen ist. Das hätte bedeutet, Vincent bis zur Operation in Watte zu packen. Jedes Hinfallen wäre lebensbedrohend gewesen. Tests geben dem Chirurgen recht: Vincent ist abgesehen von seinem Leberproblem topfit. In den kommenden Wochen wird Vincents Leber in seine Bauchhöhle «gerafft». Nun muss sich die Bauchdecke schliessen. Dies stellt sich als schwierig und langwierig heraus. Komplikationen machen es nötig, verschiedene Verfahren anzuwenden. Erst nach mehreren Rückschlägen ist die Bauchdecke geschlossen. Insgesamt waren zwölf Operationen unter Vollnarkose und fünf mit Teilanästhesie nötig.

Pflegeberatung Stiftung Chance Kinderspital Zürich

Schmerzmittelentzug

Vincent benötigte während der Operationen und danach starke und hochdosierte Schmerzmittel. Das Absetzen der Schmerzmittel wird zu einer Gratwanderung für Eltern und Ärzteteam. Schema F funktioniert nicht bei Vincent. Die Schmerzen, aber auch die Nebenwirkungen des Entzugs lassen den Kleinen leiden, seine Eltern für ihn kämpfen. Winzig kleine Schrittchen führen schliesslich auch hier zum Erfolg. Und dann ist es endlich soweit – nach neuneinhalb Monaten darf Vincent nach Hause. Er ist ein quietschvergnügter kleiner Junge, der sich durch eine erstaunliche Gelassenheit auszeichnet. Kein Quengeln, keine Ungeduld, dafür umso mehr Freude und Staunen über die Welt, die er gerade entdeckt. Auffällig ist, wie aussergewöhnlich verbunden das Trio ist. Vincent und seine Eltern haben viel durchgemacht und gemeinsam gekämpft.

Die Stiftung Chance für das kritisch kranke Kind finanziert die Musiktherapie, die Vincent Woche für Woche unterstützt hat.



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