Das sind die vier Frauen, die mit Farben und Klängen die kleinen Patientinnen und Patienten am Kispi unterstützen, aufmuntern und stärken. Die Stiftung Chance für das kritisch kranke Kind finanziert die Kunst- und Ausdruckstherapie. Seit 2017 wird auch Musiktherapie angeboten. Von links nach rechts: Barbara Carnielli, Selina Kehl, Rachel Gotsmann und Tanja Onorato.
Unsere vier Therapeutinnen
Barbara Carnielli, Kunst- und Ausdruckstherapeutin
Bevor ich beginne, suche ich das Gespräch mit der Person, die mich auf das Kind aufmerksam gemacht hat. Meistens lese ich mich in die Krankengeschichte ein, besonders wenn eine lange Vorgeschichte besteht, Tabuthemen, Traumatisierungen oder grosse Ängste vorhanden sind. Ist ein Kind zu schwach, um selbst zu malen, übernehme ich das Handeln. Das bedeutet, dass ich das Bild «auf dem Kopf» nach Vorgaben des Kindes gestalte. Über die Spiegelneuronen bekommt das Kind das Gefühl, selber gestalterisch tätig zu sein. Es ist berührend, wenn ein schwaches oder in seiner Bewegung stark eingeschränktes Kind den Eltern nachher sagen kann: Schaut, das habe ich gemalt.
«Ein Junge lag nach einem Schädel-Hirn-Trauma apathisch im Bett. Beim Kritzeln auf dem Blatt zeigt er erstmals wieder eine emotionale Regung. Mutter, Vater und ich waren zu Tränen gerührt über die lang ersehnte Veränderung.»
Durch meine eigene Erfahrung als Mutter eines verunfallten Kindes, möchte ich auch für Angehörige eine Stütze sein und habe deshalb eine Ausbildung in Traumaarbeit abgeschlossen. Als Ausgleich zu meiner therapeutischen Tätigkeit geniesse ich die Zeit mit meinen Geigenschülern, beim Musizieren mit meinem Mann und bei der Auseinandersetzung mit unseren zwei Teenagern.
Selina Kehl, Musiktherapeutin
Eine Therapiestunde richtet sich ganz nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Kindes. Manchmal dauert eine Therapiesitzung zwanzig Minuten, manchmal bis zu einer Stunde. Grundsätzlich ist es für mich jedes Mal erfreulich, wenn ein Kind auf mein musikalisches Kontakt- und Beziehungsangebot reagiert und es – natürlich gemäss seinen Möglichkeiten – zu einer Interaktion kommt. Zu sehen und zu hören, wie sich das Kind durch die Musik ausdrücken, sich beruhigen, selber regulieren oder Freude verspüren kann, ist jedes Mal ein Geschenk.
«Kinder leiden zu sehen und dem entgegenzuwirken, ist einer der herausfordernden Aspekte meiner Arbeit.»
Ich bin Pianistin und Klavierpädagogin von Beruf. Das eigene Spielen und Üben gibt mir Energie und Inspiration. Ausserdem sind wir ein tolles Team im Kispi. Wir tauschen uns oft aus und unterstützen uns auf fachspezifischer wie auch psychologischer Ebene.
Rachel Gotsmann, Musiktherapeutin
Ich arbeite hauptsächlich mit Neugeborenen. Zuerst beobachte ich, berühre das Kind, wenn nicht anders indiziert, am Kopf und Bauch oder an den Füssen. Ich nehme den Rhythmus seiner Atmung als Puls für mein Summen. Dabei achte ich auf die Reaktionen des Babys, auf seine Mimik, auf die Veränderung in der Atmung, auf seine Bewegungen und passe meine Musik dem an. Ich beziehe die Eltern ein, zeige ihnen, wie sie für ihr Kind summen oder singen können. Erfreulich ist es, wenn ich Entwicklungsschritte miterlebe, wenn zum Beispiel ein beatmetes Kind wieder anfängt, selbst aktiv zu atmen. Schwierig ist dagegen, wenn ein Kind über lange Zeit schwer krank ist und die Familie nicht weiter weiss. Es braucht Konzentration und Einfühlungsvermögen, in diesen Situationen das richtige anzubieten. Manchmal ist es schlicht ein gemeinsames Aushalten.
«Die Einheit Kind-Familie ist unglaublich wichtig. Ich unterstütze Eltern in ihrer Bindung zum Neugeborenen. Es geht darum, das Kind zu sehen und nicht zuerst die Krankheit.»
Wenn sich ein Kind in der Familie sicher und aufgehoben fühlt, kann es sich nicht nur emotional, sondern auch körperlich besser erholen und wird durch die schwierige Situation weniger traumatisiert. Ich selbst bringe mir gerade das Gitarrenspiel bei und singe dazu englische Volkslieder. Als Sopranistin singe ich auch bei Konzerten und in Kirchen.
Tania Onorato, Kunst- und Ausdruckstherapeutin
Die Therapie wird dem Kind angepasst, je nach Alter und Krankheitsgrad. Ich rolle mit einem fahrenden Atelier zum Kind ans Spitalbett. Es geht darum, den gesunden Anteil anzusprechen und diesen zum Ausdruck zu bringen. Dazu können Farben in allen Variationen zum Einsatz kommen oder auch Modelliermasse, Spielfiguren und Musikinstrumente. Das Kind darf experimentieren, fantasieren. Das künstlerische Tun stärkt seine Ressourcen. Auch die Beziehungsarbeit ist wichtig, denn im spielerischen Umfeld können Sorgen und Ängste verarbeitet werden. Wenn ein Kind während eines Therapieverlaufs so richtig aufblühen kann und die Augen immer mehr leuchten, erfüllt mich das mit grosser Dankbarkeit und Freude. Leider gibt es aber immer wieder auch traurige Momente, wenn ein Kind stirbt.
«Das Kind war seit Wochen isoliert. In der Kunsttherapie hat es ein Weihnachtsbild gemalt und dazu vergnügt und aus vollen Herzen „I wish you a Merry Christmas“ gesungen. Das sind Momente, die sehr nahegehen.»
Als Ausgleich hilft mir Yoga. Gerne verbringe ich Zeit in der Natur, pflege Freundschaften und bereise fremde Länder. Und ich bin eine kreative Köchin.
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