Stiftung Chance für das kritisch kranke Kind

Janine, ein fast ganz normaler Teenager

Janine ist 12 Jahre alt, witzig und klug, kennt die angesagten Serien im Fernsehen. Sie mag One Direction, DivertiMento und Tiere, aber keine Mathe. Janine sitzt im Rollstuhl und wiegt keine 25 Kilo.

Schmerzen in Bauch und Rücken machen Janine zu schaffen. Sie verbringt Monate im Kinderspital auf der Intermediate Care Abteilung. Zu Weihnachten darf sie nach Hause. Nach weniger als 24 Stunden ist sie wegen Komplikationen wieder zurück im Kinderspital. Die starken Medikamente belasten ihren ohnehin zarten Körper. Für den Frühsommer 2014 ist deshalb ein Aufenthalt in der REHA-Abteilung des Kinderspitals in Affoltern geplant. Dort sollen die Schmerzmittel langsam abgebaut, eine alternative Therapie gefunden werden. Janine wird zwei bis vier Monate bleiben.

Janine, bald geht’s los. Du fährst in die Aussenstation des Kinderspitals. Freust du dich?

Und wie! Ich war schon dort, habe mir alles angesehen. Es hat viele Tiere, zum Beispiel Therapiehunde, ausserdem ist es Natur pur! Wir wohnen in Zweier -oder Viererzimmern, werden zusammen kochen und ich hoffe, dass ich Freunde in meinem Alter finde, damit wir reden und Spass haben können. Auf meiner Abteilung im Kinderspital hat es leider ziemlich viele Babys.

Das heisst die Tage hier im Kispi werden lang und langweiliger?

Einerseits ja. Aber ich bekomme verschiedene Therapien wie Physio, Ergo, aber auch die Kunsttherapie. Meine Mutter besucht mich täglich. Und neulich habe ich Neva kennengelernt. Sie ist 15 Jahre alt. Was sie alles mit ihrem Rollstuhl anstellt, unglaublich! Wir waren zusammen auf der Dachterrasse, haben geredet und geredet.

Janine, ein fast ganz normaler Teenager

Wenn du in Affoltern bist, verpasst du die Schule ...?

Nein, auch hier im Kispi bekomme ich täglich eine Schulstunde. Meine Lehrerin wird sich mit den Lehrpersonen in Affoltern absprechen, damit ich den Anschluss nicht verpasse. Nach den Sommerferien komme ich in die Sek. Bis dahin werden sie für mich einen Lift am Schulhaus anbauen.

Fährst du allein zur Schule?

Das kann ich nur bei schönem Wetter. Bei Regen oder Schnee bin ich auf meine Mutter mit dem Auto angewiesen. Sie bringt mich hin, holt mich ab, fährt mich zu den Therapien. Wenn wir abends nach Hause kommen, muss ich Aufgaben machen und ein bisschen Fernsehen muss schon auch sein.

Was machst du sonst in deiner Freizeit?

Meine Freundinnen und ich haben ein neues Hobby: Briefmarkensammeln. Der Mann, der sie uns verkauft, ist ganz begeistert, weil es ungewöhnlich sei für junge Leute. Deshalb schenkt er uns immer ein paar Marken extra. Ich mag Briefmarken mit Tier- oder Naturmotiven. Ausserdem singe ich in einem Chor. Im Moment proben wir für ein Musical. Die Songs hat die Chorleiterin geschrieben. Ich spiele eine zickige Katze. Die Aufführung ist vor den Sommerferien.

Was hast du geplant für die Sommerferien?

Meine Mama und ich machen Campingferien. Letztes Jahr waren wir in der Nähe von Venedig. Dieses Jahr probieren wir einen anderen Platz aus, auch am Meer.

Meine Mutter und mein Vater leben getrennt. Deshalb habe ich umso mehr Haustiere. Bei meiner Mutter wohne ich mit zwei kleinen Hunden und einem Hamster, bei meinem Vater mit zwei grossen Hunden und drei Katzen.

Und dann hast du ja auch Geburtstag im August. Was gibt’s da für Pläne?

Bis jetzt waren wir an meinem Geburtstag immer im Connyland. Ich liebe Delphine. Aber neuerdings darf man sie nicht mehr in Gefangenschaft halten, was auch richtig ist. Deshalb weiss ich noch nicht, was ich am Geburtstag mache.

Janine leidet an kongenitaler Muskeldystrophie

Zwei Monate nach Janines Geburt wurden ihre Klumpfüsschen massiert. Janine konnte nie kriechen oder rollen und auch nicht gehen. Sie bekam einen Sitz mit kleinen Rädchen, stieg später auf einen Handrollstuhl um. Die Kraft, ihn selbst zu bewegen, fehlte. Seit Janine sechs Jahre alt ist, fährt sie in einem Elektrorollstuhl. Der hat zwei Joysticks. Einen klobigen für grosse Menschen und einen winzigen in Form einer Korkkugel für Janines zarte Finger.

Kongenitale Muskeldystrophie ist eine Form der erblich bedingten Muskelerkrankungen, die zur Schwächung und zum fortschreitenden Schwund des Muskelgewebes führt. Die Muskelschwäche besteht bereits von Geburt an (kongenital) an. Die klinischen Erscheinungen der kongenitalen Muskeldystrophie sind unterschiedlich. Viele Betroffene sind früh auf den Rollstuhl angewiesen. Die geistige Entwicklung und die Intelligenz der Kinder sind durch die Krankheit bis auf wenige Ausnahmen nicht eingeschränkt.

Janine ist Expertin

Janine ist für eine Zwölfjährige unglaublich präzise und präsent. Sie kennt ihre aktuelle Therapie, weiss welches Medikament wann verabreicht wird, kann diese Präparate mit exaktem Namen benennen, kennt jeden medizinischen Ausdruck ihrer Pflege. Und da gibt es einige ... Allein nachts trägt Janine drei Schienen, ist an zwei Sonden und die Beatmungsmaske angeschlossen. Die Magensonde verabreicht die Schmerzmittel. Über die Darmsonde wird Janine ernährt. Janine muss jetzt nur noch essen, worauf sie Lust hat. Dank der Sonde hat sie seit ihrem letzten Geburtstag sieben Kilos zugenommen. Diese Reserve ist wichtig, stärkt ihre Widerstandsfähigkeit. Die Darmsonde wird ihre Begleiterin bleiben. Die beiden Schienen an den Beinen und die Ellbogenschiene, die wechselseitig mal am einem, mal am anderen Ellbogen getragen wird, sind eine Art Sportprogramm. Damit werden Janines Sehnen und Muskeln nachts im Schlaf gedehnt und beweglich gehalten. Falls Janine überhaupt einschlafen kann. Wenn nicht, kommt zum Cocktail aus Medikamenten zur Magendarmdurchblutung, Magenschonung, dem Abführmittel, dem Antidepressivum noch ein Schlafmittel dazu.

Basteln, Werken, Gamen

Janine liest gern. Am besten geht das in Seitenlage und wenn das Buch nicht zu schwer ist. Elektronische Reader hat sie verworfen, weil zu unhandlich. Für ihren Gameboy hat sie einen kleinen Steller. Sie bedient ihn geschickt mit dem Stift. Mit ihrem Handy ist sie praktisch ständig online.

Wie allen Kindern, die längere Zeit in der Intermediate Care des Kinderspitals verbringen, verkürzt die Stiftung Chance auch Janine die Zeit mit Kunst- und Ausdruckstherapie. Janine freut’s, wenn Kunsttherapeutin Beatrice Länzlinger neue Ideen hat, was man basteln könnte. Zusammen haben die beiden schon ein Regenrohr gemacht, Tiere aus Pflanzentöpfen kreiert und zu Ostern jede Menge Eier bemalt.

Die Stiftung Chance engagiert sich auf der Intermediate Care des Kinderspitals.

Film über die IPS A2 siehe FILME.



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